Unisonar S6|EP6: Sprache im Wandel

Die Art und Weise, wie wir sprechen, verändert sich kontinuierlich – und das Gendern sorgt für anhaltende Debatten. Wie beeinflusst Sprache unser Verständnis von Geschlecht, und welche Rolle spielen Werbung und gesellschaftliche Entwicklungen dabei? Sprachwissenschaftlerin Dr. Jana Tschannen gibt Einblicke in die Dynamik sprachlicher Veränderungen und die Herausforderungen geschlechtergerechter Sprache.
Sprache ist ständig im Wandel – sei es durch gesellschaftliche Veränderungen oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Besonders das Gendern sorgt für Diskussionen. «Das Problem ist einfach, dass sie nicht als generische Form verstanden wird, sondern als männliche Form, weil sie eben identisch ist mit der männlichen», erklärt die Sprachwissenschaftlerin Jana Tschannen im Podcast «Unisonar». Damit wird deutlich, dass das generische Maskulinum Frauen und nicht-binäre Menschen in der Wahrnehmung unsichtbar macht.
Ein Wandel in der Sprache erfolgt oft durch äussere Einflüsse. So hat die Pandemie den Begriff «Maske» um eine neue Bedeutung erweitert. «Wenn wir uns an die Zeit vor Corona erinnern, dann hätten wir uns sehr gewundert über die Aufforderung, eine Maske zu tragen,» erläutert Tschannen.
Ähnlich verhält es sich mit geschlechtergerechter Sprache. Sie entwickelt sich mit dem gesellschaftlichen Bewusstsein und passt sich an neue Gegebenheiten an.
Werbung und geschlechtsspezifische Sprache
In der Werbung wird Sprache gezielt eingesetzt, um Geschlechterrollen zu verstärken. «Werbung für Männer wird fast immer von Männern gesprochen, während Frauenprodukte auch mal eine männliche Expertenstimme haben,» so Tschannen. Dies zeigt sich besonders in Shampoo-Werbungen: Männer sind in Bewegung, Frauen bewundern ihr glänzendes Haar. Damit wird ein Bild von Aktivität versus Passivität gezeichnet.
Die deutsche Sprache ist traditionell binär geprägt, was für nicht-binäre Personen Herausforderungen mit sich bringt. «Innerhalb von diesem Spektrum wären verschiedene Pronomen denkbar,» sagt Tschannen. Während in anderen Sprachen bereits geschlechtsneutrale Pronomen existieren, ist das Ðǿմ«Ã½e noch in der Entwicklung. Dennoch zeigt sich, dass Sprache sich durch den Bedarf der Sprechenden weiterentwickelt.
Die gesellschaftliche Akzeptanz des Genderns
Obwohl das Gendern umstritten bleibt, ist es in vielen Bereichen bereits Alltag. «Ich würde sagen, dass nicht unbedingt der Genderstern Alltag ist, aber dass man sich mit der Frage auseinandersetzen muss, das ist schon Alltag», erklärt Tschannen. Vor allem in der öffentlichen Kommunikation, Wissenschaft und grossen Unternehmen gibt es zunehmend Vorgaben zur geschlechtergerechten Sprache. Die Entwicklung zeigt: Sprache wird sich weiterhin an gesellschaftliche Veränderungen anpassen.