Cannabis-Studie: Legale Abgabe reduziert problematischen Konsum – besonders bei bestimmten Personen
Im Rahmen der Studie «Weed Care» untersuchen Forschende, wie sich die legale Abgabe von Cannabis auf Konsum und Psyche der Teilnehmenden auswirkt. Über den direkten Vergleich von legalem versus illegalem Bezug der Substanz berichtet das Studienteam nun in einer ersten wissenschaftlichen Publikation.
08. Mai 2025 | Angelika Jacobs
In der Schweiz und in verschiedenen anderen Ländern laufen seit Jahren Debatten über eine Legalisierung des Cannabiskonsums. Sie sind geprägt von verschiedenen Hoffnungen und Bedenken. Auf der einen Seite stehen die Ziele, den Schwarzmarkt einzudämmen, den Konsumierenden den Zugang zu sichereren Produkten zu erleichtern, sie durch begleitende Beratungsangebote besser zu informieren und risikoärmeren Konsum zu fördern. Auf der anderen Seite stehen Befürchtungen, der legale Verkauf könnte den Konsum normalisieren, gegebenenfalls sogar beflügeln und zu mehr Fällen von Abhängigkeit und psychischen Folgeschäden führen.
Die im Januar 2023 angelaufene Studie «Weed Care» soll die Debatte auf eine wissenschaftliche Grundlage stellen. Sie wird gemeinsam von der Abteilung Sucht des Gesundheitsdepartements Basel-Stadt, der Universität Basel, den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel und den Psychiatrischen Diensten Aargau durchgeführt.
Erste wissenschaftlich designte Studie
Während der ersten sechs Monate erlaubte das Studiendesign einen direkten Vergleich zweier randomisierter Gruppen: Eine Hälfte der rund 370 Teilnehmenden konnte im Rahmen der Studie legal Cannabis in einer der neun teilnehmenden Apotheken kaufen und erhielt dazu ein Beratungsangebot. Die andere Hälfte nutzte als Kontrollgruppe weiter den Schwarzmarkt als Quelle. In regelmässigen Abständen berichteten die Teilnehmenden via Fragebogen über ihren Konsum und ihre psychische Verfassung.
«Eine solche kontrollierte, randomisierte Studie gab es zuvor noch nicht», betont die stellvertretende Studienleiterin Dr. Lavinia Baltes-Flückiger von den Psychiatrischen Diensten Aargau, Erstautorin der nun veröffentlichten Studie. Vorherige Resultate beruhten auf reinen Beobachtungsstudien.
Problematischer Konsum nahm ab
Wie das Team im Fachjournal «Addiction» berichtet, nahm der problematische Konsum in der Gruppe mit legalem Zugang zu Cannabis leicht ab. Als problematisch gilt der Konsum, wenn er gesundheitliche, soziale oder psychische Schwierigkeiten verursacht oder verstärkt – ohne dass eine Abhängigkeit im klassischen Sinne vorliegen muss.
Besonders Personen, die neben Cannabis auch noch andere Drogen konsumierten, zeigten einen deutlicheren positiven Effekt durch den legalen Bezug. «Bei dieser Untergruppe sank der problematische Cannabiskonsum besonders stark», sagt Baltes-Flückiger.
Ausserdem konnte die Studie die Befürchtung zerstreuen, dass die legale Abgabe neben dem Konsum auch psychische Probleme des Cannabiskonsums verstärken könnte: Nach den ersten sechs Monaten war kein Unterschied zwischen den beiden Studiengruppen in Bezug auf Depressionen, Angstzustände oder andere Symptome festzustellen.
Nach dieser Zeitspanne bekam auch die Kontrollgruppe, die Cannabis bis dahin auf dem Schwarzmarkt bezogen hatte, legal Zugang zu der Substanz via einer der beteiligten Apotheken. Dies sei ihnen bereits zu Beginn der Studie zugesichert worden als Motivation für die Teilnahme, wie Lavinia Baltes festhält.
Die Zwischenbilanz nach mittlerweile zwei Studienjahren zeigt eine deutliche Verbesserung der psychischen Verfassung bei den mittlerweile noch rund 300 Teilnehmenden. «Der legale Zugang bedeutet eine Entlastung für die Konsumierenden», erklärt Studienleiter Prof. Dr. Marc Walter von der Universität Basel und den Psychiatrischen Diensten Aargau.
Originalpublikation
Lavinia Baltes-Flückiger, Regine Steinauer, Maximilian Meyer, Adrian Guessoum, Oliver Herrmann, Christoph Felix Mosandl, Jens Kronschnabel, Eva-Maria Pichler, Marc Vogel, Marc Walter
Addiction (2025), doi: 10.1111/add.70080